Seit dem 1. Januar 2018 gilt die Equal-Pay-Regelung für Zeitarbeiter. Dr. Thorsten Dietrich, Leiter Personal und Recht bei Tempo-Team Deutschland, beschreibt im Interview mit unserer Kundenzeitschrift TeamWork, was dies für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bedeutet.
Diese Regelung hat seit dem 1. Januar 2018 grundsätzlich Auswirkungen auf alle Bereiche, in denen keine Branchenzuschlagstarifverträge zur Anwendung kommen. Das betrifft vor allem die Branchen der Logistik, Nahrungs- und Genussmittelindustrie und das Handwerk. Das bedeutet: Nach neun Monaten im selben Einsatzunternehmen muss ein Zeitarbeitnehmer das Gleiche verdienen wie ein vergleichbarer Stammmitarbeiter.
Dazu zählen vereinfacht gesagt alle Mitarbeiter, die die gleiche oder eine vergleichbare Arbeit im entleihenden Unternehmen leisten wie der Zeitarbeitnehmer. In die Betrachtung fließen allerdings auch langjährige Berufserfahrung oder besondere Fachkenntnisse ein, die eine Vergleichbarkeit erschweren können. Gibt es in einem Unternehmen keinen festangestellten Mitarbeiter mit einer vergleichbaren Arbeit, muss ein hypothetisches Vergleichsgehalt festgelegt werden. Weil dabei allerdings zahlreiche Aspekte zu beachten sind, helfen wir unseren Kunden dabei, alle relevanten Punkte zur Vergleichbarkeit bei Equal Pay zu erfassen.
Für die Berechnung nach dem Gleichstellungsgrundsatz müssen alle Bruttovergütungsbestandteile eines vergleichbaren Stammmitarbeiters einbezogen werden. Dazu zählen neben dem Lohn auch eventuelle Zuschläge, Zulagen, Prämien, Gratifikationen oder Personalrabatte.
Hierzu haben wir einen Fragebogen erstellt, den die entleihenden Unternehmen ausfüllen. Er hilft dabei, alle relevanten Fragen Schritt für Schritt zu berücksichtigen, damit nichts vergessen wird.
Das stimmt, und zwar sowohl bei der Erfassung des Vergleichslohns als auch bei der Abrechnung aller zugehörigen Equal-Pay-Bestandteile. Unsere IT-Systeme müssen sämtliche Abrechnungssysteme unserer Kunden aus allen Bereichen abdecken können, einschließlich aller Zusatzleistungen. Um ein Beispiel zu nennen: Wie und welche Zuschläge oder Sonderzahlungen vergütet werden, legt jedes Unternehmen individuell fest.
Wir haben bislang keinen Rückgang der Nachfrage feststellen können. Eher im Gegenteil: Der Eindruck, den die Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 erzeugt hat, sitzt noch immer tief im Bewusstsein vieler Unternehmen. Darum legen sie nach wie vor Wert darauf, einen Teil ihrer Belegschaft flexibel zu beschäftigen.
Wir verzeichnen allerdings einen höheren Beratungsbedarf unserer Kunden zu den Themen Höchstüberlassungsdauer und Equal Pay.
Firmen aus Bereichen ohne Branchenzuschlagstarife werden es künftig schwerer haben, Personal zu finden. Denn dort haben Zeitarbeitnehmer eine höhere Unsicherheit, nach neun Monaten – wenn die Equal-Pay-Regelung greift – weiterbeschäftigt zu werden.
Darum werden sie sich in der Regel für Jobs in der Metall-, Elektro- und auch Chemieindustrie entscheiden. Hier haben sie die relative Sicherheit, mindestens 18 Monate beschäftigt zu bleiben – und das zu sehr guten Konditionen von Branchenzuschlagstarifverträgen mit bis zu 67 Prozent Zuschlägen.
Die neue Regelung sollte mehr Sicherheit für Zeitarbeitnehmer schaffen, erreicht jedoch in der Praxis das Gegenteil. Für Unternehmen und Personaldienstleister bedeutet Equal Pay einen massiven administrativen Mehraufwand. Mittelfristig erwarte ich, dass sich die Wirtschaftsbereiche auf Branchenzuschlagstarife verständigen werden, die bislang noch keine haben.