Überlanger Anlauf, Absprung gerade noch geschafft, Ziel weitgehend verfehlt: Dieses vernichtende Urteil fällt Arbeitsrechtler Matthes Schröder mit Blick auf die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) im Managermagazin. Er sieht jedoch nicht nur Nachteile für Arbeitgeber. Auch die Arbeitnehmer, sowohl in Zeitarbeit Beschäftigte als auch in den Reihen der Stammbelegschaft, dürften nach seiner Einschätzung für die realitätsferne Umsetzung des Gesetzes bezahlen.
Denn das neue Gesetz stelle ein etabliertes System in Frage, das es Unternehmen in Deutschland bislang ermöglicht, relativ einfach Auftragsspitzen abzudecken, externe Experten ins Unternehmen zu holen oder auch langfristig Aufgaben an spezialisierte Personaldienstleister abzugeben.
Mit Blick auf die Beschäftigungsstrukturen in der Zeitarbeit stellt er fest, dass entgegen weit verbreiteter Vorurteile nur eine Minderheit in die Kategorie „Missbräuchliche und unterbezahlte Beschäftigung“ falle. Vielmehr seien viele Zeitarbeitnehmer in hochqualifizierten und gut bezahlten Bereichen tätig, was nicht zuletzt auch ein Verdienst der Gewerkschaften bei der Aushandlung der entsprechenden Tarifverträge in der Zeitarbeit sei. Dann kritisiert er jedoch, dass gerade die Gewerkschaften mit ihrer Unterstützung der AÜG-Reform ihren eigenen Verdienst in diesem Bereich des Arbeitsmarktes torpediert hätten.
Durch die nun bevorstehende Neureglung, insbesondere die Befristung von Zeitarbeit auf 18 Monate und das frühzeitige Einsetzen der neuen Regelungen zum Equal Pay, sei ein bürokratischer Aufwand entstanden, der den Einsatz von Zeitarbeit in Unternehmen künftig extrem erschwere. Als mögliche Folgen sieht Schröder eine Renaissance im arbeitsrechtlich eher wenig regulierten Bereich der Werk- und Dienstverträge sowie eine Zunahme von Arbeitsbelastung und Überstunden für die Stammbelegschaften.
Den Originalartikel mit detaillierten Erläuterungen zu den prognostizierten negativen Folgen der AÜG-Reform finden Sie hier.
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